Armut hat viele Gesichter. Sie findet oft im Verborgenen statt. Dort, wo man sie nicht sieht – und wo es auch leicht ist, wegzuschauen. Und das, obwohl Armut immer wieder auch in der Mitte der Gesellschaft entsteht. Im Wesentlichen unterscheidet man drei Arten der Armut:
Absolute Armut
Absolute oder extreme Armut bezeichnet nach Auskunft der Weltbank eine Armut, die durch ein Einkommen von etwa einem Dollar (neuerdings 1,25US$) pro Tag gekennzeichnet ist. Auf der Welt gibt es 1,2 Milliarden Menschen, die in diese Kategorie fallen.
Relative Armut
Von relativer Armut spricht man in Wohlstandsgesellschaften, in denen es absolute Armut praktisch kaum gibt, wohl aber eine arme „Unterschicht“ (neuerdings auch Prekariat genannt). Als relativ arm gilt hier derjenige, dessen Einkommen weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens beträgt.
Gefühlte Armut
Gefühlte oder auch sozio-kulturelle Armut lässt sich weniger an konkreten Einkommensgrenzen festmachen. Es ist mehr das Bewusstsein, das diese Art der Armut konstituiert. Sie betrifft diejenigen, die sich aufgrund ihrer allgemeinen gesellschaftlichen Ausgrenzung oder Diskriminierung als „arm“ betrachten oder Angst vor einer sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage haben bzw. in ständiger Angst vor Armut leben.
Quelle: www.armut.de
Armutsbegriff des statistischen Bundesamtes
Das Statistische Bundesamt folgt bspw. einer bereits über 30 Jahre alten EU-Konvention, was die Definition und die Berechnung von Armut anbelangt. In Abkehr von einem sogenannten absoluten Armutsbegriff, der Armut an existenziellen Notlagen wie Obdachlosigkeit oder Nahrungsmangel festmacht, ist der Armutsbegriff der EU ein relativer. Arm sind danach alle, die über so geringe Mittel verfügen, „dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist“, wie es im entsprechenden Kommissionsbericht heißt. Dies sei in aller Regel der Fall, wenn man über weniger als die Hälfte bzw. 40 oder 60 Prozent des mittleren Einkommens einer Gesellschaft verfügt.
Wie äußert sich Armut in Berlin?
Die Armutsquote beträgt, gemessen an der bundesweiten Armutsschwelle, 20 Prozent. Auch die Hartz-IV-Bezieher-Quote liegt bei 20,2 Prozent und ist damit mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt (9,5 %). So weit, so plausibel. Bei einer ausschließlichen Betrachtung der Berliner Einkommen und einer eigenen Berliner Armutsschwelle würde die Armutsquote schlagartig auf 14,1 Prozent fallen. Berlin wäre, gemessen an der bundesweiten Armutsquote von 15,4 Prozent nur noch unterdurchschnittlich von Armut betroffen, während tatsächlich jedoch nach wie vor jeder fünfte Berliner von Hartz IV lebt.
Quelle: Armutsbericht 2016 des Paritätischer Gesamtverband
Armutsquote für Berlin
2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
---|---|---|---|---|---|---|
Berlin | 19% | 19,2% | 20,6% | 20,8% | 21,4% | 20% |
… Obdachlosigkeit, Lebenserwartung, Kinderarmut, Räumliche Ballung
Was unterscheidet Armut in Berlin von Armut in anderen Regionen?
Die Länder mit den höchsten Armutsquoten – Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin – konnten zuletzt ihre Armut erstmalig wieder deutlich abbauen, nachdem sie sich in den Jahren zuvor immer weiter vom „Mittelfeld“ abgesetzt hatten und Deutschland immer weiter auseinanderdriftete. Dies darf freilich nicht übersehen lassen, dass der Abstand zwischen dem Land mit der geringsten Armut, Baden-Württemberg, mit 11,4 Prozent und dem abgeschlagenen Schlusslicht Bremen mit 24,1 Prozent noch immer außerordentlich groß ist.
Quelle: Armutsbericht 2016 des Paritätischer Gesamtverband
Warum Armut sichtbar machen?
Ein wichtiger Schritt politische Veränderungen zu bewirken, ist einen Missstand sichtbar zu machen. Zwar ist Armut in einigen Teilen Berlins bspw. im Straßenraum sichtbar und die Zahlen der jährlichen Berichte werden in den Medien immer wieder rezipiert. Doch Armut ist immer wieder individuell und es gibt nicht DIE Maßnahme um alle Armut wirksam zu bekämpfen.